Eine in der Praxis häufig gestellte Frage ist, ob und in welchem Ausmaß Arbeitnehmer Arztbesuche und Therapietermine während der Arbeitszeit wahrnehmen dürfen. Wie so oft lautet die Antwort: „Es kommt darauf an …“. Zur Orientierung ein kurzer Leitfaden:
- Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht nur dann, wenn der Arztbesuch bzw. Therapietermin nicht in der Freizeit möglich ist (z.B. wegen akuter Schmerzen oder aufgrund eingeschränkter Ordinationszeiten des Arztes bzw. Instituts).
- Zur bezahlungspflichtigen Dienstverhinderung gehören auch die notwendigen Wegzeiten zwischen Betrieb und Arzt (und retour), sofern diese Zeiten in die Normalarbeitszeit fallen. Wegzeiten zwischen Wohnung und Arzt zählen hingegen nur ausnahmsweise als bezahlungspflichtige Zeit (z.B. dann, wenn das Aufsuchen des Betriebs vor bzw. nach dem Arztbesuch nicht mehr innerhalb der Normalarbeitszeit möglich ist).
- Der Arbeitnehmer hat das Recht auf freie Arztwahl. Er muss daher nicht seinen Vertrauensarzt wechseln, um einen Termin außerhalb der Arbeitszeit zu bekommen. Wählt der Arbeitnehmer aber einen Arzt in ungewöhnlich weiter Entfernung (z.B. ein gebürtiger Kärntner, der in Wien arbeitet, sucht seinen Kärntner Lieblingsarzt auf), steht es dem Arbeitgeber i.d.R. frei, die bezahlungspflichtige Wegzeit auf ein angemessenes Ausmaß zu begrenzen (z.B. je eine Stunde für den Hin- und Rückweg), sodass sich der Arbeitnehmer für die restliche Zeit Zeitausgleich oder Urlaub nehmen muss.
- Wenn zwischen sich wiederholenden gleichartigen Dienstverhinderungen (z.B. mehrere Arzt- oder Therapiebesuche wegen desselben Leidens) nur wenige Tage oder Wochen liegen, sind sie „zusammenzurechnen“. Das bedeutet, nach Ausschöpfung der Höchstentgeltdauer (in der Regel: Stundenausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit) besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr (vgl. OGH 05.09.1967, 4 Ob 34/67; Laminger, Sonstige Dienstverhinderungsgründe von A-Z, Verlag LexisNexis [2003], Seite 51).