News vom 27. November 2022

Wie vor wenigen Stunden bekannt wurde, sind die Verhandlungen zwischen den Arbeitgebervertretern der Eisenbahnen und der Gewerkschaft vida vorerst gescheitert. Am Montag 28. November 2022 wird gestreikt, ab 0:00 Uhr steht der Zugverkehr 24 Stunden lang still. Dies betrifft die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB Fernverkehr, Nachtzüge, Nahverkehr einschließlich S-Bahn), die Westbahn und österreichweit circa 60 weitere lokale Bahnunternehmen. Die Wiener Linien (U-Bahn, Straßenbahn, Busse) sind vom Streik zwar nicht betroffen, es sind aber aufgrund eines verstärkten KFZ-Verkehrs im Großraum Wien teils starke Verspätungen bei Bim und Bussen zu befürchten. Für Pendler, die gewöhnlich mit den Öffis in die Arbeit fahren, ist der Bahnstreik ebenso wie für deren Arbeitgeber eine große Herausforderung.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist zu beachten: Arbeitnehmer, die infolge des Ausfalls von öffentlichen Verkehrsmitteln überhaupt nicht oder erst verspätet in die Arbeit kommen können, sind verpflichtet,

  1. dem Betrieb die Dienstverhinderung so schnell wie möglich bekanntzugeben und
  2. alles Zumutbare zu unternehmen, um die Dienstverhinderung zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten (z.B. ausnahmsweise mit dem Auto fahren; ggf. Fahrgemeinschaften bilden; Homeoffice nutzen; hingegen ist die Benutzung eines Taxis dem Arbeitnehmer u.E. aufgrund der unverhältnismäßig hohen Kosten i.d.R. nicht zumutbar, außer der Arbeitgeber erklärt sich im Voraus zur Kostenübernahme bereit).

Dasselbe gilt dann, wenn betreuungsbedürftige Kinder infolge des Ausfalls von öffentlichen Verkehrsmitteln den Kindergarten oder die Schule nicht erreichen können und ein Elternteil mangels Betreuungsalternative die Betreuung selbst übernehmen muss.

Wenn Arbeitnehmer die vorstehenden Grundsätze beachten (Meldung der Dienstverhinderung und Ausschöpfen aller zumutbaren Alternativen), besteht gemäß § 8 Abs. 3 AngG (Angestellte) bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB (Arbeiter und Lehrlinge) auch bei unterbleibender Arbeitsleistung ein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Wenn eine Fahrt in die Arbeit zwar möglich wäre, ein Arbeitnehmer sich den Anreisestress am Bahnstreiktag aber nicht antun will, wäre auch ein kurzfristig vereinbarter Urlaubskonsum oder Zeitausgleich denkbar.

Klar ist jedenfalls: Der Eisenbahnerstreik bringt eine hohe administrative Belastung mit sich (Übermittlung, Erfassung und Bearbeitung von Verhinderungsmitteilungen, Abklärungen im Einzelfall etc.) und verlangt sowohl Öffi-Pendlern als auch den Personalverantwortlichen einiges an Fingerspitzengefühl und ein Bemühen um sachgerechte und praxistaugliche Lösungen ab.