Bei geringfügigen Beschäftigungen gibt es immer wieder Diskussionen mit dem Krankenversicherungsträger oder dem AMS zu folgender Frage: Wie erfolgt die Geringfügigkeitsprüfung bei unbefristeten oder auf mindestens einen Monat befristeten Dienstverhältnissen im Falle eines Ein- oder Austritts während des Kalendermonats?

Die Behörden nehmen oft automatisch eine Hochrechnung vor, also: Entgelt des Rumpfzeitraumes dividiert durch die Zahl der Kalendertage, multipliziert mit 30. Dies führt häufig zu einer Vollversicherung. Aber ist diese Vorgehensweise richtig? Nein, meint der Verwaltungsgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung. Eine sture fiktive Hochrechnung ohne Rücksichtnahme auf die konkreten Verhältnisse ist unzulässig:

Gemäß § 5 Abs. 3 Z 1 ASVG liegt kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vor, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nur deswegen nicht überschritten wird, weil die für mindestens einen Monat oder auf unbestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung im Lauf des betreffenden Kalendermonats begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde. In Anwendung dieser Regelung ist daher zu prüfen, ob ein Arbeitnehmer im Fall des aufrechten Bestehens des Dienstverhältnisses während des ganzen Monats die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hätte oder nicht. Hingegen ist es unzulässig, das an den Beschäftigungstagen erzielte Entgelt automatisch auf den gesamten Monat hochzurechnen, ohne darauf Bedacht zu nehmen, in welchem Ausmaß der Arbeitnehmer überhaupt zu Arbeitsleistungen verpflichtet gewesen wäre. Es ist daher rechtswidrig, wenn die Behörden in einem solchen Fall, anstatt konkrete Feststellungen zu treffen, mittels fiktiver Hochrechnung des Entgelts von einem vollversicherten Dienstverhältnis ausgehen. (VwGH 20.02.2020, Ra 2019/08/0156)

Beispiel
Unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, Arbeitszeit laut Dienstvertrag 4 Stunden/Woche, Bruttomonatsgehalt € 300,00 (= geringfügig).
Laut Vereinbarung wird die Arbeitszeit ungleichmäßig in der Weise verteilt, dass der Arbeitnehmer jeweils am ersten und am zweiten Donnerstag jeden Kalendermonats 8,66 Stunden arbeitet, dafür hat er die restlichen Donnerstage des Kalendermonats arbeitsfrei.
Einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses am 13. März 2020 (Freitag). Zu diesem Zeitpunkt hat der Arbeitnehmer bereits die gesamte für diesen Kalendermonat vorgesehene Arbeitsleistung erbracht (zwei Donnerstage: 5. und 12. März 2020), daher erhält er in der Endabrechnung das volle Monatsgehalt von € 300,00. In der mBGM für März 2020 wird Geringfügigkeit gemeldet.
Die Krankenkasse reklamiert, dass im März 2020 eine Vollversicherung vorliege, weil für die Geringfügigkeitsprüfung das Entgelt fiktiv hochzurechnen sei: € 300,00 / 13 * 30 = € 692,31.

Lösung: Der Arbeitgeber ist im Recht. Die Geringfügigkeitsgrenze wäre auch bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht überschritten worden. Die Beurteilung anhand der konkreten Einzelfallumstände (Arbeitszeiteinteilung) geht also vor. Die Krankenkasse (für die Beitragsverrechnung) und das AMS (für die Zuverdienstgrenze zum Arbeitslosengeld) haben dies zu akzeptieren und dürfen nicht stattdessen einfach eine sture fiktive Hochrechnung vornehmen. Eine solche Hochrechnung wäre nur in jenen Fällen als abstrakte Hilfsmethode zulässig, in denen (z.B. wegen völlig variabler Arbeitszeiten) überhaupt nicht feststellbar ist, ob und wieviel ein Arbeitnehmer im restlichen Kalendermonat gearbeitet hätte.