Vereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes
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Arbeitgeber, die in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter investieren, sind naturgemäß daran interessiert, die dadurch besser qualifizierten Mitarbeiter nach der Ausbildung so lange wie möglich im Betrieb zu „halten“. Um die Mitarbeiter zum möglichst langen Bleiben zu motivieren, werden diese in der Praxis oftmals per schriftlicher Vereinbarung verpflichtet, die Ausbildungskosten (aliquot) zurückzuzahlen, wenn sie das Unternehmen verlassen, bevor die vereinbarte Bindungsdauer abgelaufen ist.
Bezüglich Schulungs- und Bildungsmaßnahmen für Mitarbeiter ist zu unterscheiden zwischen Ausbildung, Weiterbildung, Fortbildung und Einschulung. Diese Unterscheidung ist für die Praxis deshalb wichtig, weil Aus- oder Weiterbildungskosten rückersatzfähig sind, nicht hingegen Fortbildungskosten oder Einschulungskosten.
- Bloße Einschulungskosten (z.B. Schulung über Klienten des Arbeitgebers oder ein betriebsinternes Spezialprogramm) zählen nicht als Ausbildungskosten (§ 2d Abs. 1 AVRAG).
- Fortbildungskosten sind ebenfalls nicht rückerstattungsfähig. Sie beziehen sich auf Fortbildungen, durch die die für die Berufsausübung erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erhalten und ggf. aktualisiert werden sollen. Darunter fallen typischerweise „Update-Veranstaltungen“ (z.B. jährliche Seminare über aktuelle Änderungen in der Personalverrechnung). Für bloße Fortbildungen kann keine rechtsgültige Rückersatzklausel vereinbart werden (OGH 27.01.2016, 9 ObA 131/15b).
Nach Ansicht der maßgeblichen Fachliteratur ist der gesetzliche Begriff „Ausbildungskosten“ (§ 2d Abs. 1 AVRAG) über den reinen Wortlaut hinaus in einem weiteren Sinn zu verstehen und umfasst sowohl die Kosten für Ausbildungen als auch für Weiterbildungen, konkret also
- jene Kosten, die anfallen, wenn der Mitarbeiter einen Beruf erlernt (Ausbildung im engeren Sinn), aber auch
- jene Kosten, die anfallen, wenn der Mitarbeiter die bereits in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse durch den Erwerb von zusätzlichen Qualifikationen erweitert und/oder oder einzelne Schwerpunkte vertieft (Weiterbildung).
Als Aus- oder Weiterbildungskosten, zu deren Rückersatz der Arbeitnehmer durch schriftliche Vereinbarung wirksam verpflichtet werden kann, gelten die
- vom Arbeitgeber tatsächlich aufgewendeten Kosten
- für eine erfolgreich absolvierte Aus- oder Weiterbildung,
- die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann.
Falls der Arbeitnehmer während der Aus- oder Weiterbildung von der Dienstleistung freigestellt wird, darf die Rückersatzvereinbarung auch das während der Aus- oder Weiterbildung fortgezahlte Entgelt einbeziehen (§ 2d Abs. 2 AVRAG).
Grundvoraussetzung für einen Kostenrückersatz ist der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Beginn der jeweiligen Aus- bzw. Weiterbildungsmaßnahme (§ 2d Abs. 2 AVRAG). In der schriftlichen Vereinbarung müssen die Höhe der Kosten und die Bindungsdauer der Rückersatzpflicht (gerechnet ab dem Ende der Ausbildung) ausgewiesen sein. Die vereinbarte Bindungsdauer muss in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen der Bildungsmaßnahme stehen, darf im Normalfall aber maximal vier Jahre (in besonderen Fällen wie z.B. Pilotenausbildung: acht Jahre) betragen. In der Vereinbarung muss eine aliquote Reduktion der Rückersatzpflicht pro zurückgelegten Monat nach Ende der Aus- bzw. Weiterbildung vorgesehen sein (§ 2d Abs. 3 AVRAG).
Trotz gültig abgeschlossener Rückersatzvereinbarung entfällt die Pflicht des Arbeitnehmers zum Rückersatz gemäß § 2d Abs. 4 AVRAG bei bestimmten Beendigungsarten, und zwar bei Fristablauf (des befristeten Dienstverhältnisses), Auflösung in der Probezeit, unberechtigter Entlassung, berechtigtem vorzeitigen Austritt, Entlassung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit oder Kündigung seitens des Arbeitgebers (außer der Arbeitnehmer hat für die Kündigung schuldhaft einen Grund gesetzt.)
Nicht gesetzlich geregelt ist die Problematik eines vom Arbeitnehmer vereitelten Abschlusses einer Aus- oder Weiterbildung (z.B. grundloses Abbrechen des Kurses, häufiges „Schwänzen“ im Kurs, Scheitern bei der Abschlussprüfung aufgrund offensichtlichen Desinteresses o.ä.). In der Fachliteratur wird in solchen Fällen eine Rückerstattungspflicht i.d.R. dann bejaht, wenn dem Arbeitnehmer ein vorwerfbares Vereitelungsverhalten (Verschulden) nachgewiesen werden kann. Diese aus dem Schadenersatzrecht (und nicht aus § 2d AVRAG) abgeleitete rechtliche Folge kann u.E. nicht nur bei Aus- oder Weiterbildungen, sondern auch bei vom Arbeitnehmer schuldhaft vereitelten Fortbildungen angewendet werden.