News vom 30. November 2021
Eine aktuelle OGH-Entscheidung zur Bildungsteilzeit, die gleichermaßen auch für Eltern- und Pflegeteilzeiten einschlägig ist, bringt Klarheit in einer seit Jahren immer wieder auftauchenden Frage: Wenn Arbeitnehmer einen Teil des Kalenderjahres in Elternteilzeit, Bildungsteilzeit oder Pflegeteilzeit verbringen, sind Sonderzahlungen (insbesondere Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) gemäß gesetzlicher Regelung auf Basis der durchschnittlichen Arbeitszeit im Kalenderjahr zu berechnen (Jahresmischberechnung gemäß § 15j Abs. 7 MSchG, § 8b Abs. 7 VKG, § 11a Abs. 4 AVRAG, § 14d Abs. 4 AVRAG). Demgegenüber gibt es in manchen Kollektivverträgen allgemeine Regeln für die Sonderzahlungsberechnung bei wechselnden Arbeitszeiten (siehe z.B. Schnitt der letzten drei Monate im SWÖ-KV bzw. der letzten 13 Wochen im KV-Handelsangestellte). Was hat nun Vorrang, die gesetzliche Jahresmischregel oder die kollektivvertragliche Dreimonatsschnittregel?
Der Oberste Gerichtshof räumt der gesetzlichen Jahresmischregel den Vorrang ein, und zwar mit folgender Begründung:
Eine kollektivvertragliche Regelung, die allgemein bei unterschiedlichem Ausmaß der Arbeitszeit bzw. des Entgelts einen Drei-Monats-Schnitt für die Berechnung von Sonderzahlungen vorsieht (im konkreten Fall: § 26 SWÖ-KV), ist aufgrund ihres Normzwecks nicht auf den Wechsel zwischen Vollzeit und Bildungsteilzeit anzuwenden. Da die KV-Regelung für Bildungsteilzeiten somit nicht anwendbar ist, geht das Argument des Günstigkeitsprinzips ins Leere. Außerdem ist die für Bildungsteilzeiten gesetzlich vorgesehene Aliquotierung (Jahresmischberechnung gemäß § 11a AVRAG) nicht generell ungünstiger, denn ein Aliquotieren (auf Basis des gesamten Kalenderjahres) kann bei längerfristiger Arbeitszeitreduktion auch zu einem höheren Sonderzahlungsanspruch eines Arbeitnehmers als ein Schnitt der letzten drei Monate führen. In Anbetracht dessen kann den KV-Parteien nicht zugesonnen werden, dass sie mit ihrer allgemeinen Drei-Monats-Schnitt-Regel eine von der gesetzlichen Bildungsteilzeit-Regelung abweichende Bestimmung schaffen wollten. Die Berechnung der Sonderzahlungen hat daher beim Wechsel zwischen Vollzeit und Bildungsteilzeit nicht nach der kollektivvertraglichen Drei-Monats-Schnitt-Regel, sondern nach der gesetzlichen Bildungsteilzeit-Regelung des § 11a AVRAG (Jahresmischberechnung) zu erfolgen. (OGH 28.09.2021, 9 ObA 64/21h)
Fazit: Die für Eltern-, Bildungs- und Pflegeteilzeit vorgesehene gesetzliche Jahresmischberechnung von Sonderzahlungen geht unabhängig von individuellen Günstigkeitserwägungen einer allgemeinen kollektivvertraglichen Regelung (z.B. Sonderzahlungsberechnung aufgrund eines Schnitts der letzten drei Monate) vor.